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Unterwegs im größten Naturschutzgebiet des Landes

By Barbara Fischer

„Haard Hesselsbierg Staebierg“ – so der etwas sperrige Name des mit 600ha größten Naturschutzgebietes Luxemburgs. Das 1994 offiziell zum Naturschutzgebiet erklärte Reservat ist auch Teil des europäischen Natura 2000-Netzes. Quasi eingekeilt zwischen den Gemeinden Rumelange, Kayl und Dudelange erstreckt sich das ehemalige Tagebaugebiet, auf dem bis 1972 fast ein Jahrhundert lang die eisenerzhaltige Minette abgebaut wurde. Das zuvor von Wald- und Ackerflächen geprägte Gebiet wandelte sich in eine von der Rohstoffgewinnung geprägte Mondlandschaft. Spuren dieser industriellen Vergangenheit finden sich überall. Imposante Steinwände und ehemalige Steinbrüche, an denen der rote Fels immer noch bröckelt, Schlackenhalden, auf denen Schlackenkuchen in der Sonne brutzeln, verrostete Loren und Überreste der Schienen säumen den Weg. Die Suche nach dem alten Schlackewagen lohnt sich, die Aussicht ist spektakulär. Aufgegeben von den Menschen, hat die Natur das Gebiet zurückerobert – aus nacktem rotem Sandstein wurde grüner Märchenwald. Eine neue Heimat für zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere. Den besonderen Reiz der Landschaft macht heute der Wechsel von ehemaligen Tagebaugebieten, ursprünglicher Kulturlandschaft mit landwirtschaftlicher Nutzung und naturnahen Wäldern aus. Mit etwas Glück begegnet man dem Wanderschäfer, der mit seinen rund 350 Ardennerschafen und Ziegen das Naturschutzgebiet von Mai bis September beweidet. Das leise Blöken dieser wunderschönen und sanften Tiere hört man schon von weitem. Von drei Hütehunden perfekt in Schach gehalten, sorgen sie dafür, dass die Landschaft nicht verstruppt.

Das Naturschutzgebiet Haard – Hesselsbierg – Staebierg kann auf zahlreichen Wegen und Pfaden erkundet werden. Offizielle Eingänge mit Infotafeln finden Sie in allen vier Himmelsrichtungen. Ob per pedes, mit dem Rad oder hoch zu Ross, für alle sind die passenden Wege ausgezeichnet. Knapp 26 km Wege sind extra für Mountainbiker und Reiter gekennzeichnet. Wanderer können auf 14 verschiedenen Strecken laufen. Von einem kurzen Kinderwanderweg über zwei Naturerkundungspfade bis hin zu einem Fernwanderweg ist für jede Kondition etwas dabei. Damit man sich nicht in die Quere kommt und die Natur in geschützten Gebieten ihre Ruhe behält, sollten die gekennzeichneten Wege auch eingehalten werden.

Auf Schusters Rappen durch die Wiege der Montanindustrie
Seltsame schwarze Steinrollen liegen wie hingegossen in der Landschaft. Schlackenkuchen, die auf Schienen mit sogenannten „Humpen“ hierher transportiert wurden, auf Eisenbahnwaggons installierten Kippbehältern, in die die noch flüssige Schlacke eingefüllt wurde. Heute ist diese Mondlandschaft ein Refugium für licht- und wärmeliebende Tiere und Pflanzen. Wer gut aufpasst, sieht Eidechsen, Schlingnattern oder den seltenen Steinschmätzer. Pioniervegetation im Wechsel mit artenreichen Kalkbuchenwäldern, Naturwäldern und Trockenrasen sind Lebensraum für über 25 Orchideenarten, mehr als 120 Vogelarten und ca. 25 verschiedene Säugetierarten, viele von Ihnen auf der Roten Liste. Die Besonderheiten von Fauna und Flora erkunden Sie am besten auf den beiden gut gekennzeichneten Natur-Kultur-Lehrpfaden, die mit vielen Infotafeln die zahlreichen Bewohner und Pflanzen des Naturreservats sowie die Kulturgeschichte erläutern. Der Lehrpfad besteht aus zwei Schleifen, die rote mit einer Länge von 8,6 km und die blaue mit 5,8 km.

Adrenalin pur
Die beiden RedRock Mountainbike Trails „Haard – red“ und „Haard – black“ führen mitten durch das Naturschutzgebiet. Der Trail „Haard – red“ mit 24,5 km ist technisch nicht zu anspruchsvoll und trotzdem sehr abwechslungsreich. Er ist perfekt für Einsteiger geeignet, die Erfahrungen auf Singletrails sammeln möchten. Die schwarze Piste „Haard – black“ mit 27,6 km ist deutlich anspruchsvoller. Schroffe, mit Wurzeln und Steinen verblockte Wege, steile Abfahrten und Anstiege und das ein oder andere Hindernis stellen hohe Anforderungen an Kondition und Fahrtechnik. Über schmale Pfade, vorbei an steilen Felskanten und tiefen Löchern und über Hochplateaus mit fantastischer Fernsicht ist der Adrenalin-kick auf beiden Trails garantiert. In weiten Strecken deckungsgleich, wie die Mountainbike Trails darf das Naturschutzgebiet auch auf dem Rücken der Pferde erkundet werden. Für alle – Biker und Reiter – gilt, dass außerhalb der gekennzeichneten Wege Radfahren und reiten nicht erlaubt sind.