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The place to Be(er) – ein Besuch bei der größten Brauerei Luxemburgs

By Barbara Fischer

Während das Miselerland im Osten Weinland ist, ist die Minettregion im Süden Bierland. Das Bierbrauen hat eine lange Tradition in Luxemburg. Schon um 1300 wurde in der Klosterbrauerei der Abtei Münster bei Clausen Bier gebraut. Die mönchische Brautradition setzte sich viele Jahrhunderte fort, war aber in der Regel nur im Frühling oder Herbst möglich, da die obergärige Brauhefe bei Winterkälte nicht arbeitete und Bier in der Sommerhitze zu schnell verdarb. Die fortschreitende Industrialisierung ermöglichte im 19ten Jahrhundert nicht nur die ganzjährige, industrielle Produktion von Bier. Auch der Aufschwung der luxemburgischen Stahlindustrie zog einen gesteigerten Bierkonsum durch das wachsende Heer der Arbeiter nach sich. Die bereits 1842 gegründete Brauerei Bofferding lag im sogenannten „Minette-Becken“ um Bascharage und profitierte hiervon in besonderem Maße.

Heute gibt es rund 100 Sorten Bier in Luxemburg mit einem durchschnittlichen Bierkonsum von 84L Bier pro Kopf. Zur Ehrenrettung der Luxemburger sei gesagt, dass ein Großteil sicherlich auch von den zahlreichen Touristen konsumiert wird. Die heimische Produktion mit knapp 290.000 HL pro Jahr verteilt sich auf die drei großen Brauereien Brasserie Nationale (Bofferding, Battin, Funk-Bricher), Brasserie de Luxembourg (Mousel, Diekrich), Brasserie Simon (Simon, Ourdaller, Okult) und die zahlreichen kleinen Mikrobrauereien. Klarer Marktführer ist die Brasserie Nationale in Bascharage, ein Familienunternehmen in 10ter Generation. Entstanden ist sie 1975 aus der Fusion der 1764 gegründeten Brasserie Funk-Bricher mit der Brasserie Bofferding. 2004 kam dann noch die Brauerei Battin aus Esch-sur-Alzette hinzu. Die Markennamen blieben erhalten und werden heute noch nach dem natürlich geheimen Originalrezept gebraut.

© Oli Kerner

Dem Bier auf der Spur
Hopfen, Malz, Wasser und Hefe – die Zutaten für Bier haben sich bis heute kaum verändert. Doch was ist das Geheimnis eines guten Biers? Bei einer Führung durch die Brasserie Nationale kommen Sie diesem Geheimnis Schritt für Schritt auf die Spur. Neben ihrem persönlichen Guide begleitet sie der Braumeister virtuell auf allen Stationen und erklärt die einzelnen Produktionsschritte. Nach ein bisschen Theorie zur Einführung und einem Foto geht es los – im ersten Schritt mit den Zutaten. Wo kommen diese her? Was sind die Qualitätsanforderungen? Kennen Sie den würzigen Geruch des Hopfens? Geruchsprobe ausdrücklich erwünscht. Danach geht es zur Hauptzutat, dem Wasser, das 92% des Biers ausmacht. Im Wasserhaus stehen acht 12m hohe Edelstahltanks, die ein ganz besonders kostbares Nass enthalten. In einer Tiefe von 317 Metern wird ein riesiger unterirdischer See mit 30.000 Jahre altem Wasser aus der Eiszeit angezapft. Jungfräuliches Wasser das nie mit den Folgen der Zivilisation in Berührung gekommen ist. Hochgepumpt wird es direkt in die riesigen Tanks des Wasserhauses. Seit kurzem ist dieses besonders reine Wasser unter dem Namen LODYSS auf dem Markt. Im Brunnen des Wasserraums können Sie eine Kostprobe dieses Naturschatzes genießen. Bei der nächsten Etappe ist dann vorbei mit dem reinen Wasser. Denn auch Wasser läuft besser durch den Hals, wenn es gemischt ist mit Hopfen und Malz. In riesigen Edelstahlkesseln geht der Gärprozess vonstatten, man sieht ihn nicht, aber man riecht ihn. Ein köstlicher Duft nach Hefe und Malz. Ein kleines Küfereimuseum zeigt die Herstellung der hölzernen Bierfässer bevor die Edelstahltanks in Mode kamen. Bevor es in den Lagerkeller geht dürfen die Erwachsenen noch ein kleines destilliertes Bier verkosten. Vielleicht besser als ein kaltes Bier im Magen.
Gut Ding will Weile haben – das Bier wird hier sechs bis sieben Wochen in Ruhe reifen gelassen. Wobei das Wort Lagerkeller etwas irreführend ist. In einer 24 Meter hohen Halle stehen 16 riesige, nicht rostende Stahltanks – eine futuristisch anmutende Atmosphäre. Am Ende des Produktionsprozesses rollen dann die Sixpacks vom Band. Die vollautomatische Abfüllungsanlage befüllt 27.000 Flaschen pro Stunde. Die gesamte Produktion von 155.000 Hl pro Jahr wird von nur 27 Mitarbeitern gestemmt.
Vor der abschließenden Verkostung geht es noch in ein kleines Brauerei Museum. Herzstück ist die Dampfmaschine aus dem Jahr 1921, die eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass sie noch voll funktionsfähig ist.

© Oli Kerner

Führungen können Sie in allen Landessprachen Luxemburgs machen sowie in Niederländisch und Chinesisch. Alle Informationen zu den Reservierungen finden Sie auf der Webseite der Brasserie Nationale (www.brasserienationale.lu).

Seien Sie gespannt: bis Esch2022 so richtig los geht, wird noch viel passieren bei der Brasserie Nationale. Die einzelnen Stationen der Brauereibesichtigung werden noch interaktiver, es wird eine gemütliche Probierstube und einen Shop für lokale Produkte geben und in einer Mikrobrauerei können Sie in nur einem Tag ihr eigenes Bier brauen.