Off the beaten path

Wintergefühl im Suessemer Schlass

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Das jahrhundertalte und imposante Schloss von Sanem bietet mit seiner atemberaubenden Kulisse des Schlossparks sowohl im Sommer als auch im Winter den idealen Ort für tolle Familienausflüge. Bei einer Winterwanderung in der Gegend haben wir dieses Gebäude für uns entdeckt. Bericht unseres Ausfluges.

Wir haben uns dem Winterwandern verschrieben und erleben schon seit Jahren fantastische Auszeiten in wunderschönen Landschaften. In touristisch überlaufenen Gebieten Schlange stehen zu müssen, kennen wir überhaupt nicht. Wir haben die Sehenswürdigkeiten und Museen für uns und können uns dort in Ruhe umschauen. Auch haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die Menschen vor Ort viel geduldiger und ausgiebiger um uns kümmern, wenn gerade nicht so viel los ist.

Für uns gibt es nichts Gemütlicheres als uns nach einer ausgiebigen Tour bei einer leckeren Tasse Tee oder einem heißen Wein aufzuwärmen. Häufig stoßen wir bei unseren Wanderungen auf Aktivitäten, die wir in einer anderen Jahreszeit so nicht erlebt hätten. So ging es uns im vergangenen Jahr mit dem „Wanterfeeling“ im Schlosspark in Sanem.

© commune de Sanem

„Wanterfeeling“ jährlich im Schlossgarten

Wir waren im Südwesten Luxemburgs unterwegs und trafen am späten Nachmittag bei einsetzender Dämmerung in dem kleinen Dorf Sanem ein. Unser Ziel war das „Kannerschlass“. Eigentlich hatten wir einen Blick auf das Gebäude werfen wollen, über das wir im Vorfeld einiges gelesen hatten. Wie erstaunt waren wir jedoch, als sich uns ein völlig anderes Bild bot.

Der Schlossgarten lag weder still noch dunkel vor uns, wie wir das erwartet hatten. Er sprühte vor Leben. Die verschiedenen Düfte und Klänge zogen uns magisch an. Wir waren mitten in den „Wanterfeeling“ (Wintergefühl-)Markt geraten, der hier seit 2007 jährlich im November stattfindet.

Der Markt musste über die Stadt hinaus bekannt sein, denn er zog Massen von Menschen an und schien in der märchenhaften Atmosphäre des Schlossparks wie ein Publikumsmagnet zu wirken. Das verwunderte nicht, war es doch die ideale Gelegenheit, Geschenkideen für Weihnachten zu finden und sich schon mal auf die Festtage einzustimmen.

© Commune de Sanem

Mindestens 40 Verkaufsstände gab zu bestaunen, die sowohl Dekorationsartikel, Schmuck, Kleidung, Winterblumen, aber auch saisonale kulinarische Spezialitäten anboten. Kinder konnten sich schminken lassen und Erwachsene standen plauschend mit einem heißen Getränk in der Hand und gut gelaunt zusammen. Darüber hinaus gab es zahlreiche Veranstaltungen, die für jeden Geschmack etwas bereithielten. Kleindarsteller gaben ihre Vorführungen zum Besten. Ebenso fanden Konzerte der „Fred Baretto Group“, „Heavy Petrol“, „Kantri Klapp“ und „Jazz Lives“ statt.

Wortlos änderten wir unsere Pläne. Anstatt direkt wieder nach Hause zu wandern, verweilten wir bis in den späten Abend mitten in diesem bunten Treiben, genossen leckeres Essen und nahmen ein paar schöne Erinnerungen von den verschiedenen Ständen mit. Das Schlossgebäude selbst spendierte an diesem Nachmittag den edlen Rahmen zu all den beisammenstehenden Besuchern. Von einem der Gäste erfuhren wir die Geschichte des Schlosses.

Suessemer Schloss Teil der europäischen Integration

Das Gebäude, auf das wir während seiner Erzählung blickten, wurde an diesem Abend in zauberhaftem Blau angestrahlt, blieb innen jedoch völlig dunkel. Es ist auch gar nicht zu besichtigen, sondern lediglich von außen zu betrachten. Und auch das, was man jetzt sehen kann, hat nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Gebäude zu tun, denn das Schloss ist in seiner Geschichte viele Male zerstört und wieder errichtet worden.

Bis ins 13. Jahrhundert wurde dieses Fleckchen Erde offenbar lediglich als Bauernhof genutzt. Erst die Brüder Wilhelm und Johann gelten als die ersten Bauherren, die an dieser Stelle, so um 1270, eine Burg auf römischen Ruinen errichteten. Zuerst wurde lediglich der quadratische Turm und anschließend nach und nach die Burg drumherum gebaut.

Sie diente als Festung zum Schutz der Grafschaft Luxemburg, was heute noch an dem tiefen Wassergraben erkennbar ist. Das Gebäude entwickelte sich als Sitz mehrerer adeliger Familien aus dieser Region und war im Verlauf der Geschichte immer wieder Phasen der Zerstörung, des Umbaus und der Erweiterung ausgesetzt. Obwohl die Burg zahlreichen Veränderungen unterworfen war, hat sie viel von ihrem ursprünglichen Charakter bewahrt.

© Emile Hengen

1753 wurde es schließlich von der Familie Tornaco erworben, in dessen Besitz es bis 1950 blieb. Die von einem Geist der Unabhängigkeit und der europäischen Philosophie geprägte Familie verkaufte es an die Gemeinde Esch-sur-Alzette, die es schließlich als Waisenhaus, der „Fondation Kannerschlass“ nutzte. 1965 wurde im Park neben der Burg ein Pavillon errichtet, in dem der Leiter seine Residenz fand. 1971 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Kurz darauf kaufte der luxemburgische Staat das gesamte Gelände und unterhält es auch heute noch.

Fantastisch, wenn alt und neu auf so wunderbare Weise zusammentreffen. Wir jedenfalls waren ein Teil davon und werden einen tollen Nachmittag und Abend in Erinnerung behalten.

© Emile Hengen