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Esch2022 und die Partner der Möllerei – Françoise Poos: „Die Kunst ist eine Plattform, die den Zugang zu allen Fragen der zeitgenössischen Gesellschaft eröffnet.“

Françoise Poos ist Cultural Programme Director von Esch2022. Als Kuratorin und Forscherin im Bereich der visuellen Kultur interessiert sie sich insbesondere für Fotografie, Archivierung und die Erschaffung eines kollektiven Gedächtnisses. In Zusammenarbeit mit Esch2022 organisieren drei internationale Partner in der Möllerei in Esch-Belval große Ausstellungen rund um die digitale Kunst. Im Interview verrät uns Françoise Poos den künstlerischen Ansatz der zukünftigen europäischen Kulturhauptstadt und formuliert für uns die Fragen, die sich unserer zeitgenössischen Gesellschaft bei den Ausstellungen in Belval stellen.
Für Esch2022 stehen drei internationale Partner – das ZKM I Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, das HEK (Haus der Elektronischen Künste) Basel und das Ars Electronica Center in Linz – als Kuratoren für drei große Ausstellungen rund um Kunst, Technologie und Wissenschaft bereit. Können Sie uns mehr über diese Zusammenarbeit berichten?
Ich freue mich sehr, dass diese großen, weltweit renommierten Institutionen mit ihrer enormen Erfahrung an der Schnittstelle zwischen zeitgenössischer Kunst und Technologie, Wissenschaft und Gesellschaft sich bereit erklärt haben, gemeinsam mit uns die Herausforderung anzunehmen, die Möllerei mit Kultur zu füllender Kultur einzurichten. Trotz der Einschränkungen im letzten Jahr durch die Corona-Pandemie ist es uns gelungen, über die Entfernung hinweg eine äußerst kollegiale Zusammenarbeit aufzubauen. Einerseits haben wir gemeinsam über Möglichkeiten nachgedacht, die Möllerei mit Kunst zu kombinieren, andererseits haben wir den Dialog mit der Öffentlichkeit aufgenommen.
Warum hat sich Esch2022 für die Möllerei als Ausstellungsort entschieden?
Die Möllerei steht als symbolträchtiger Ort für die industrielle Vergangenheit der Region. Daneben verkörpert sie den Übergang in das neue Zeitalter der digitalen Revolution. In Belval wird dieser Übergang vom Industriezeitalter zur Wissensgesellschaft greifbar und findet seinen Ausdruck insbesondere in der räumlichen Nähe der Universität zu den Hochöfen. So ist etwa das Luxembourg Learning Centre, das früher Teil der Möllerei war, heute ein Sinnbild der digitalen Revolution mit einer hoch modernen Bibliothek, die den Wissenszugang sowohl anhand von Computern als auch von Büchern ermöglicht.
Wie sieht der künstlerische Ansatz von Esch2022 aus?
Das künstlerische Programm von Esch2022 orientiert sich stark an den Fragestellungen der modernen Welt – einer von Veränderungen geprägten Welt. Daher greifen wir Themen wie Klimawandel, nachhaltige Entwicklung, Migration oder die Zukunft unserer Region und Europas auf, aber auch die Rolle des Menschen angesichts neuer Technologien. All dies sind hoch aktuelle Fragen, die uns beschäftigen. Dafür bieten wir sowohl unseren Besucherinnen und Besuchern im nächsten Jahr als auch den Einwohnerinnen und Einwohnern der Region eine Diskussionsplattform.
Warum hat sich Esch2022 dafür entschieden, in der Möllerei Kunst in Verbindung mit modernen Technologien zu präsentieren?
Die modernen Technologien sind Teil unseres Alltags. Mit großer Selbstverständlichkeit setzen wir digitale Werkzeuge ein, die sich regelrecht zu einer Erweiterung des menschlichen Körpers entwickelt haben. Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler interessieren sich für diese Technologien und setzen sie ein, um Fragen zu formulieren, die wir uns alle stellen. Gleichzeitig kreiert die Möllerei als Ausstellungsort einen Dialog zwischen der industriellen Vergangenheit und den Zukunftsvisionen und bietet so den perfekten Rahmen für die gedankliche Beschäftigung mit der Entwicklung der heutigen Welt.
Woran sollen sich die Besucherinnen und Besucher von Esch2022 besonders erinnern?
Ich wünsche mir, dass sie die Erkenntnis mit nach Hause nehmen, dass wirklich jede und jeder teilhaben kann, und dass die Kunst einen Zugang zu all den großen Fragen der heutigen Gesellschaft eröffnet.