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News aus den Gemeinden : Thil im Rampenlicht

Crypte de Thil

Die im Pays Haut Val d’Alzette gelegene Gemeinde Thil (1.905 Einwohner), im Jahr 803 Hilde-sur-Alzette genannt, gehörte im 13. Jahrhundert zur Herrschaft Audun (Châtellenie von Longwy). Ende des 19. Jahrhunderts erlebte die Gemeinde Thil insbesondere dank der Stahlindustrie einen großen Zuwachs. Noch heute zeugen die Arbeitersiedlungen von dieser Vergangenheit. Das Viadukt, ein Wahrzeichen der Stadt, war einst eine wichtige Eisenbahnbrücke, die Audun-le-Roman mit Villerupt verband und die Stadt an die Bergwerke und Fabriken anschloss. Die Geschichte des Viadukts ist aber auch mit der Deportation verbunden, wie das reiche lokale Kriegserbe bezeugt. Das 1949 als Konzentrationslager anerkannte Lager Thil-Longwy wurde 1984 zur Nationalen Nekropole ernannt. Die dank des Engagements der lokalen Bevölkerung errichtete und 1946 eingeweihte Krypta soll die Erinnerung an die Vergangenheit wachhalten. Zur Krypta führt der 2005 eingeweihte Gedenkpfad, der von einer Reihe von Kunstwerken (Statuen) gesäumt wird, die Botschaften des Friedens und der Hoffnung vermitteln. Thil-Longwy ist das einzige Konzentrationslager mit Überresten eines von den Nazis auf nicht annektiertem französischem Territorium errichteten Krematoriums. Die Mine des Syndicat de Tiercelet beherbergte eine der größten Fabriken der Nazis, die dem Bau von V1- und V2-Raketen gewidmet war.

Auf dem sichtbaren Teil des Café du Stand de Sainte Claire befindet sich ferner eine Wandarbeit des talentierten lokalen Karikaturisten Baru („La Piscine de Micheville“, „Quéquette blues“, „L’Autoroute du Soleil“, „La Communion du Mino“ uva.), dessen Werke beim renommierten Internationalen Comic-Festival von Angoulême mehrfach ausgezeichnet wurden. Das Wandbild stellt eine Comicbuchseite dar. Das Wappen von Thil stellt ein Schild und ein silbernes verankertes Kreuz dar, das an das Wappen der Familie von Malberg erinnert, die Thil mehrere Herren gab. Der aus einer Feuersglut emporsteigende Arm symbolisiert das ehemalige Konzentrationslager Thil und sein Krematorium.

Das im Rahmen von Esch2022 entwickelte Projekt ECCE HOMO basiert auf einer Installation von Gemälden und Skulpturen von Bruce Clarke. Die Ausstellung, die von September 2021 bis Januar 2022 im Landesmuseum für Widerstand und Menschenrechte in Esch/Alzette gezeigt wird, schreibt sich in die weiter gefasste Bewegung der kritischen Figuration ein. Sie wird von der Butō-Tanzperformance THE WRECKAGE OF MY FLESH des Tanzkollektivs Tebby Ramasike begleitet, die in einen physischen Dialog mit den ausgestellten Werken tritt. Die Künstler thematisieren in ihren Arbeiten die Folgen von Krieg, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord für den Einzelnen. Sie sprechen über Opfer, Leid, Abschiebung und Zerstörung, stellen Verbindungen zu Vertreibung, Exil und Migration her. Dabei befassen sich aber auch mit positiven Folgeerscheinungen wie Widerstand, physische und psychische Belastbarkeit und Menschenwürde.

Die Künstler werden sowohl innerhalb des Museums als auch auf dem Gelände des ehemaligen Lagers in Thil (F), einem Ableger des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof, intervenieren.

Parallel dazu werden ihre Installationen und Performances von unserer Partnerstadt Kaunas im Ninth Fort Museum präsentiert, einem Ort, an dem während der Nazi-Besatzung Tausende von Juden und politischen Gefangenen hingerichtet wurden. Das Projekt umfasst zudem künstlerische Workshops und eine Reihe von Konferenzen sowie ein umfangreiches Bildungsprogramm für Schulen in Frankreich und Luxemburg.