Esch2022-News, Programm
Bühne frei für die darstellenden Künste!

Der Start in die Esch2022-Theatersaison
Am 13. Juli, nach ihrer Rückkehr vom Festival von Avignon, nahmen Françoise Poos, Künstlerische Leiterin, und Melissa Grozinger, Projektmanagerin – Darstellende Künste von Esch2022, auf Einladung von der Region Grand-Est an einer Rundtischkonferenz zum Thema „Esch2022, Europäische Kulturhauptstadt – Bühne frei für die darstellenden Künste“ in der Caserne (einem emblematischen Veranstaltungsort im Grand Est) teil. Weitere Gäste waren Bernard Baumgarten, künstlerischer Leiter des TROIS C-L – Centre de Création Chorégraphique Luxembourgeois, und Lawrence Rollier, Kommunikationsbeauftragter des Escher Theaters, beides Partner von Esch2022-Projekten. Ziel war es, Teile des Theater- und Tanzprogramms der Kulturhauptstadt Europas vorzustellen. Die darstellenden Künste sind ein wesentlicher Bestandteil des Programms von Esch2022, das in Partnerschaft mit Institutionen und Ensembles in Luxemburg (Escher Theater, TROIS C-L, Théâtre National du Luxembourg, Kulturfabrik, um nur einige zu nennen) und der CCPHVA (L’Arche de Micheville u.a.) sowie mit Institutionen im Grand Est wie dem Théâtre National de Strasbourg (Vorstellungen für junge Zielgruppen) und dem NEST – Centre Dramatique National transfrontalier de Thionville (dank einer neuen Produktion zum Thema Grenzpendler) umgesetzt wird.
Projekte in Zusammenarbeit mit Institutionen
Der Beitrag des Escher Theaters zum Programm von Esch2022 gliedert sich in drei Teile. Als erstes ist während der gesamten Spielzeit 2022/23 ein Programm für „Junge Zuschauer“ geplant, das hauptsächlich im ehemaligen Ariston-Kino beheimatet sein wird. Zweitens wird das für Mai 2022 geplante Theaterfestival „D’Autres Histoires“ in Zusammenarbeit mit dem Passages Transfestival-Metz und der Arche de Micheville entwickelt, mit dem Ziel, geografische und narrative Grenzen zu überschreiten.
Der dritte Teil, „Panorama“, vereint Produktionen des Escher Theaters mit Stücken, die aus der Esch2022-Projektausschreibung hervorgingen. „Panorama“ ist ein eklektischer Mix aus unterschiedlichen Originalproduktionen, die sich mit den vielfältigen Aspekten der Identität der in der Region von Esch2022 lebenden und arbeitenden Menschen befassen: Passend zum Esch2022-Thema „REMIX“ widmet sich „Idiomatic“ des Brüsseler Kollektivs Tranquinquennal der Mehrsprachigkeit; „En Escher Jong“, ein Projekt von Frank Feitler mit André Jung und Luc Feit, wird anhand der Biografie des berühmten luxemburgischen Schauspielers René Deltgen in die Geschichte und Kultur Luxemburgs vor und nach dem Zweiten Weltkrieg eintauchen; „ARTraverse – FLAMENCOtre“, eine Reihe von drei Flamenco-Shows im Escher Theater und der Kulturfabrik, untersucht die komplexen zeitgenössischen Realitäten hispanischer Kultur. Die in Esch und andernorts entstandenen „Panorama“-Produktionen und Coproduktionen werden im Anschluss in Frankreich, Litauen, Belgien, Schweiz, Portugal und Deutschland zu sehen sein.
Räume für den Dialog mit der Öffentlichkeit schaffen
Inklusion, Teilnahme und Nachhaltigkeit sind zentrale Aspekte aller Esch2022-Programme, so auch in den darstellenden Künsten. Dies wird vor allem am Beispiel des Kollektivs KompleX KapharnaüM aus Villeurbanne ersichtlich, das für seine künstlerische Erkundungen im urbanen Raum bekannt ist. Nach einer fast zweijährigen Zusammenarbeit, einschließlich einer digitalen Künstlerresidenz „Fenêtre Ouverte“ im vergangenen Dezember und einer Reihe von Künstleraufenthalten unter dem Titel „Arpentages“ von Mai 2021 bis März 2022, befasst sich das Projekt „BLOOM“ intensiv mit der Region und ihren Bewohnern. Die erste Vorstellung der „Forschungsergebnisse“ dreht sich um den Begriff der Geselligkeit und wird im Dezember 2021 stattfinden. Als Höhepunkt des Projekts folgt im Frühjahr 2022 eine raumgreifende Aktion in Esch. Aber auch zahlreiche andere Projekte im Bereich der darstellenden Kunst, wie etwa „Totem – un Sens Commun“ und „Visage“, verfolgen ebenfalls einen partizipativen Ansatz.
Das von englischen und amerikanischen Musicals inspirierte Stück „Totem – un Sens Commun“ basiert auf einer Kurzgeschichte von Laurent-Guillaume Dehlinger, die von Andrew Todd für die Bühne adaptiert und von The Company Deracinemoa produziert wird. Das für 5.000 bis 10.000 Zuschauer konzipierte, mehrsprachige und partizipative philosophische Märchen wird von Künstlern aus verschiedenen Bereichen (Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer, Akrobaten) aufgeführt. Die szenische Performance im Carreau de la Mine in Audun-le-Tiche geht der kollektiven Erfahrung des Massenexils nach und untersucht die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gruppe im öffentlichen Raum. Die Inszenierung bringt vielfältige schöpferischen Ausdrucksformen zusammen, die um eine Reihe von elementaren Handlungen kreisen: sich verändern, sich abwenden, weggehen, von vorne beginnen… gemeinsam. Die inmitten des aus vier sechs Meter hohen hölzernen Totempfählen bestehenden Bühnenbilds sitzenden Zuschauer nehmen aktiv an einem gemeinsamen kreativen Schöpfungsprozess zwischen Theater, Musik und Tanz teil.
„Visage“ ist ein philosophisches Theaterprojekt, das sich mit Bezug auf den großen französisch-litauischen Philosophen Emmanuel Levinas für die grundlegenden Werte des europäischen Projekts einsetzt. Das Stück, das eine Verbindung zwischen zwei europäischen Kulturhauptstädten herstellt, wird als Teil von Esch2022 in französischer und im Rahmen von Kaunas2022 in litauischer Sprache aufgeführt. Als universeller ethischer Wert ist „das Gesicht“ laut Levinas „das, was uns verbietet, zu töten“. „Visage“ erforscht diesen philosophischen Grundgedanken in Form einer theatralischen Performance und einer gemeinsamen fotografischen und visuellen Erfahrung.
Co-kreative Schöpfungsprozesse mit Kindern fördern
Das Gesicht ist auch Thema eines Fotoprojekts, das sich speziell an Schulkinder richtet. An öffentlichen Plätzen in Esch und Kaunas werden Portraitfotos mit Texten ausgestellt, die von den Teilnehmern selbst verfasst wurden. Auch andere Projekte verfolgen einen partizipativen Bildungsansatz, wie etwa die Zusammenarbeit mit dem Théâtre National de Strasbourg oder das Projekt „Déi Wëll danzen am Bësch“ (Die Wilden tanzen im Wald), eine zeitgenössische Zirkusinszenierung des Duos Mara Daro und Ole Schöne. Hierzu werden Kinder auf beiden Seiten der Grenze eingeladen, die Geschichten, die entlang des teilweise durch den Wald verlaufenden Minett Trails zu hören sind, zu rezipieren, zu imaginieren und zu rekonstruieren.
Literarische Begegnungen am Stammdësch (Stammtisch)
Helfen Sie uns, die Welt im Rahmen von „RDV STAMMDËSCH – C’était mieux demain“ neu zu erfinden, einem Literaturprojekt basierend auf Autorenresidenzen unter der Leitung des grenzüberschreitenden Kollektivs von Bühnenautoren Le Gueuloir, die in Zusammenarbeit mit dem Ensemble La Spirale organisiert werden. Unter dem Motto „Morgen war alles besser. Erfinden und teilen Sie Ihre eigenen urbanen Legenden mit uns, um neue Vorstellungswelten zu erschaffen“ sind die Einwohner dazu eingeladen, ihre Ideen an einem Stammtisch vorzutragen. In einer Zeit, in der Stammtische in Dörfern und Städten zur Seltenheit geworden sind, bekommen sie so die Möglichkeit, sich reale oder imaginäre Orte anzueignen, ihnen eine neue Stimme zu geben und mögliche Szenarien zu ergründen.